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Rehrücken

Etwas, was wir durch die Verfügbarkeit von zerlegtem Fleisch aller Art leider verlernt haben, ist der Umgang mit Fleisch am Knochen. Es muß ja garnicht gleich das ganze Tier sein. Im Herbst bietet es sich an, mit Wild zu experimentieren: beginnen wir mit dem Rücken vom Reh. Anatomisch betrachtet sind sich die Tiere, die wir essen alle sehr ähnlich – vom Geflügel mal abgesehen – handelt es sich um Säugetiere, die auf allen Vieren laufen. Somit trifft vieles was wir am Rehrücken lernen, auch beim Lamm oder Kalb oder Schwein zu. Am Rücken finden wir zwei Muskelstränge, einen großen oberhalb der Wirbelsäule, einen kleinen unterhalb. Auf dem ersten Bild sehen wir den Blick von unten, der Muskel ist das Filet.

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Wir schneiden an der Wirbelsäule entlang, mit einem kleinen, scharfen Messer, immer um die Wirbel herum, um möglichst wenig von dem köstlichen Fleisch am Knochen zurück zu lassen. Nachdem die Filets – im wahrsten Sinne des Wortes – filetiert sind, drehen wir den Rücken um und wiederholen den Vorgang mit dem, was beim Rind das Rostbeef ist: dem großen Muskel auf der Oberseite des Rückens.

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Die auf diese Weise gewonnen Stücke können auf viele, sehr unterschiedliche Methoden zubereitet werden, welche auch immer wir aussuchen, es sollte auf die unterschiedlichen Garzeiten von Filet und Roastbeef Rücksicht genommen werden. Wofür auch immer wir uns entscheiden, es handelt sich um das zarteste und aromatischste Fleisch aus der Wildküche! Ich komme bald darauf zurück.

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Für heute widmen wir uns nur dem Knochen, immerhin gibt er uns die Grundlage für eine perfekte Sauce. Neben dem eigentlichen Knochen lösen wir vom Fleisch alle oberflächlichen Sehnen und geben diese und die zerteilten Knochen zusammen mit Lauch, Möhren, Sellerie und Zwiebel in einen ausreichend großen Topf und gießen eine ganze Flasche Rotein darüber.

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Bei geringer Hitze langsam aufkochen, Lorbeerblätter und Wacholderbeeren zufügen und für etwa zwei Stunden bei sanfter Hitze köcheln lassen. Am Ende durch ein feines Sieb gießen und nochmals auf eine kleine Menge – etwa eine Tasse – reduzieren, gegen Ende auch salzen. Dies Konzentrat hält sich im Kühlschrank einige Wochen und ist die Grundlsge für vielerlei köstliche Zubereitungen und Saucen.
Guten Appetit!

Tomatensuppensaft – ganz klar!

. . . eigentlich: Tomatensaft, klar! Glasklar!
Eines der ewigen Geheimnisse des internationalen Tourismus ist: warum wird in Flugzeugen immer soviel Tomatensaft getrunken? Jeder bestellt ihn, keiner kann erklären warum. Am tollen Geschmack kann es eigentlich nicht liegen, wer einmal Tomatensaft aus der Packung mit frischen Tomaten vom Markt oder aus dem eigenen Garten verglichen hat, wird sich auf der nächsten Flugreise Wasser einschenken lassen. Seltsam schmecken alle diese industriell hergestellten Säfte, weil die Früchte voll versaftet werden, also eigentlich püriert – und weil sie wärmebehandelt werden – was ihnen einen irritierenden Kochgeschmack verleiht.
Wir vermeiden all diese Probleme und kaufen eine schöne Portion reifer Tomaten auf dem Wochenmarkt, im Moment gibt’s die Tomaten noch in Mengen, preiswert und aromatisch.

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Waschen, Strünke und Stielansatz entfernen, nicht schälen, im Entsafter entsaften, das sieht dann so aus:

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Und man sieht sofort, das Fruchtfleisch will sich von der eigentlichen Flüssigkeit trennen, schwimmt obenauf. Der intensive Geschmack, die Süße und das Aroma finden sich in der flüssigen Fraktion, der Rest sind im Wesentlichen Fasern und Kerne. Diese Eigenschaft machen wir uns zunutze und filtern mit einem Filterpapier (Faltenfilter aus dem Chemielaborbedarf).

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Als Ergebnis erhalten wir eine vollkommen klare, fast farblose Flüssigkeit, die als Grundlage für eine ganze Reihe überraschend köstlicher Zubereitungen dienen kann.

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Wir werden eine Tomatensuppe zubereiten, die neben einem umwerfenden Tomatenaroma durch verschiedene Einlagen in ganz unterschiedliche geschmackliche Richtungen geführt wird. Außerdem interpretieren wir die Bloody Mary, den Cocktrail-Klassiker der internationalen Barszene, als Chrystal Mary neu.
Bis es soweit ist können wir den klaren Tomatensaft ohne Qualitätseinbussen einige Tage im Kühlschrank aufbewahren oder für längere Zeit einfrieren.
Viel Spaß und guten Appetit.