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Morcheln (Morchelpasta)

Mit den Morcheln verbindet mich eine lange, leidenschaftliche Freundschaft. Wenn diese Biester nur nicht so schwer zu finden – oder alternativ – so teuer im Handel zu bezahlen wären. Vor vielen Jahren hatte ich das Glück bei einem Händler für Gastronomiebedarf ein halbes Kilo getrocknete Morcheln der Extraklasse zu einem sehr überschaubaren Preis zu bekommen. Die Qualität der getrockneten Morcheln kann geschmacklich ganz ausserordentlich sein, dabei spielt es dann keine Rolle, ob das alles schöne, große Köpfe sind oder ob auch kleine Morcheln, Stiele und ein Anteil Bruch verkauft werden. Das war in meinem Fall auch der Punkt für den bezahlbaren Preis. Heute sind meine Vorräte längst aufgebraucht und der Preis für gute getrocknete Ware treibt mir die Tränen in die Augen: zwischen 300,- und 700,- Euro werden – je nach Qualität – für ein Kilo verlangt. Andererseits sind die Morcheln sehr ergiebig – wenige gute Stücke ergeben ein wundervolles Aroma für Risotto- oder Pastagerichte und sie lassen sich über Jahre problemlos aufbewahren. Hauptsache sie werden dunkel, kühl und trocken gelagert!

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Im Frühjahr – also JETZT! – gibt es an geeigneten Standorten und auf sehr guten Märkten auch frische Morcheln. Diese gehören in die kulinarische Königsklasse, delikat und aromatisch, ein Traum an Konsistenz und geschmacklicher Intensität. Sie sind selten, lassen sich nur unter großen Schwierigkeiten kultivieren, sind begehrt und daher teuer. Meines Wissens gibt es keine erfolgreiche Zucht zum Zwecke der Vermarktung. Die Zucht ist zwar möglich aber so arbeitsaufwändig und kompliziert, dass sie den Narren zum eigenen Verzehr vorbehalten bleibt.

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Vor einigen Jahren hatte ich durch schieren Zufall den Morchelsechser im lukullischen Lotto: im Frühjahr bei einem Fotoshooting, an einem strahlenden Sonntag in völliger Ruhe, auf einem künstlichen, mit Rindenmulch aufgeschütteten Hügel, trat ich auf ein weiches Etwas: eine große, perfekte Morchel. Findest du eine, findest du viele: ich hatte zwei große Tüten voll mit frischen Morcheln geerntet und auf der Rückfahrt verbreitete sich im Auto ein umwerfender Pilzduft! Noch während der Fahrt habe ich Freunde angerufen und mich für ein abendliches Morchelfest verabredet. Der nicht unerhebliche Rest wanderte in die Tiefkühltruhe und hat uns in den Wochen danach noch diverse wunderbare Gerichte ermöglicht. Nun, diese Vorräte sind ebenfalls lange dahin.
Heute besorgen wir eine kleine Portion frische Morcheln auf dem Markt und bereiten einen Klassiker der Pizküche zu: Die Pasta con morchella!

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Für zwei Personen besorgen wir etwa 100g frische Morcheln, das darf natürlich für die Grosszügigen unter uns, die erfolgreichen Selbersucher unter uns, auch nach Belieben mehr sein. Ansonsten feine Zwiebeln, am besten Schalotten, KnoblauchButter, Crème fraîche, Pfeffer aus der Mühle, etwas Muskat, frische Fettuccine und einige Zweige glatte Petersilie.
Die Morcheln werden vorbereitet indem wir sie in grobe Würfel schneiden, nicht waschen, nur von Sand und anhaftendem Dreck befreien, eventuell die Hohlräume etwas ausklopfen – das hilft meist nicht gegen Sandreste, der Morchelfreund stört sich nicht am gelegentlichen Knirschen beim Essen! Knoblauch und Schalotten in feine Würfelchen schneiden und in etwas Butter bei schwacher Hitze glasig dünsten, etwas salzen, nicht braun werden lassen.

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Die Morchelwürfel zufügen und nur einmal rasch erhitzen, mit Crème fraîche ablöschen und nochmals aufkochen lassen.

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Abschmecken mit Salz, Pfeffer und Muskat. Die Fettucchine wie gewohnt in reichlich Salzwasser al dente kochen, mit der Sauce mischen, einige Streifen Petersilie darüberstreuen und sofort servieren. Wer mag darf sich das am Tisch mit etwas Parmesan noch abrunden.

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Viel Spaß beim Zubereiten und guten Appetit!

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Flaschenstäubling paniert

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Mit den Pilzen im Wald ist das ja immer so eine Sache: wenn man sie findet, weiß man nicht, ob sie essbar sind; die, die man kennt, findet man nicht. Der Flaschenstäubling  (Lycoperdon perlatum) ist allerdings so leicht und sicher zu erkennen, das wir alle Exemplare, die uns im Weg herum stehen, guten Gewissens mitnehmen. Kleine bis mittelgroße, kugel- bis keulenförmige rein weiße Pilze mit einer rauen, leicht stacheligen Oberfläche. Am besten sind die jungen bis etwa Walnussgröße. Auf dem Pilzbild oben finden sich die Flaschenstäublinge unten rechts, danach kommen im Uhrzeigersinn Kuhröhrlinge, Birkenröhrlinge, Maronen, Fichtenreizker, ein Steinpilz und oben rechts, als letztes, die Anischampignons.

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In Größe, Farbe und Konsistenz erinnern sie ein wenig an Marshmallows – im Geschmack, zu meiner großen Freude, überhaupt nicht.
Wie (fast) alle Pilze werden die Flaschenstäublinge vor der Zubereitung nicht gewaschen, nur leicht gebürstet und für heute als Vorspeise paniert und gebraten. Dazu verquirlen wir ein Ei, wenden die kugeligen Pilze im Ei, danach in Semmelbröseln. Semmelbrösel am liebsten aus frisch geriebenem, trockenem Weißbrot – zur Not tun es auch die aus der Packung. . .

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Ohne Wartezeit direkt in die heiße Pfanne, Butterschmalz oder ein gutes Rapsöl lassen sich ausreichend hoch erhitzen und schmecken mit den Pilzen sehr gut. Auch eine Öl-Schmalzmischung funktioniert sehr fein.

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Während dem Braten die Pilze wenden, damit sie rundherum knusprig werden, das dauert alles nur wenige Minuten. Aus der Pfanne nehmen, auf Küchenkrepp abtropfen lassen und heiß servieren. Nach Belieben Salz und Pfeffer aus der Mühle –  das darf dann jeder selbst am Tisch machen.
Guten Appetit!

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Gnocchi mit Fichtenreizkern

Die Pilzsaison spielt sich ja nicht im Laden, im Supermarkt oder an der Tankstelle ab, sondern im Wald. Es ist völlig in Ordnung keine Ahnung von Pilzen zu haben, Neugierde reicht aus. Es gibt viele pilzkundige Menschen die man fragen kann (Pilzberatungsstellen sowieso), schlaue kleine Bücher, die man mitnehmen kann. Die Pilze dazu stehen im Moment überall im Wald herum und warten nur darauf von uns gesehen, erkannt und mitgenommen zu werden. Der Fichtenreizker war auch mir bis vor wenigen Tagen vollkommen unbekannt, er gehört zur Gattung der Milchlinge und lebt in Symbiose mit Fichten. Milchling ist ein wenig irreführend, an der Schnittstelle des Stieles tritt ein dickflüssiger Saft aus, der allerdings die intensive Farbe von Karotten hat und nicht, wie man dem Namen nach vermuten könnte, weiß ist.
Fast alles, was über den Geschmack dieses Pilzes in der einschlägigen Literatur zu finden ist, ist irreführend! Er schmeckt nicht nach Obst, er schmeckt nicht bitter, er ist ausgesprochen köstlich und hat ein ausgeprägtes, sehr angenehmes Pilzaroma. Wir ernten nur junge Exemplare und schneiden vor der Zubereitung die Stiele direkt unter dem Hut ab. Alle dunklen, verfärbten oder angefressenen Stellen werden entfernt.

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Die verbleibenden Köpfe schneiden wir in gleichmässige Quadrate und braten sie mit reichlich Knoblauch in Olivenöl an. Etwas gewürfelte Guanciale darf eigentlich nicht fehlen und sollte nur zur Not durch geräucherten Speck ersetzt werden. Die Pilze sollen beim Braten möglichst wenig Wasser ziehen. Kräftige Hitze und eine ausreichend große Pfanne helfen uns dabei. Salz aus der Mühle nicht vergessen.

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Während die Pilze noch in der Pfanne braten, kocht nebenan schon das Wasser für die Gnocchi: großer Topf, viel Wasser und reichlich Salz – wir hatten das schon besprochen. . .

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Unsere Gnocchi wurden ohne Ei, nur aus Kartoffeln und etwas Mehl zubereitet. Dadurch werden sie unendlich zart und besonders lecker aber auch empfindlich. Beim Vermischen mit den Pilzen ist also Vorsicht geboten: nur mit einem Holzlöffel mit behutsamen Bewegungen kurz vermischen und sofort servieren. Frisch geriebener Parmesan, Pfeffer aus der Mühle, vielleicht noch ein kleiner Guss vom feinsten Olivenöl, machen den Genuss perfekt.
Guten Appetit!

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