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Focaccia

Als ich vor einigen Wochen die Focaccia auf der “was gibt´s als nächstes“ Seite veröffentlichte, habe ich nicht geahnt, welches Abenteuer daraus werden würde. Das Ergebnis des Focacciabackens zu dem Zeitpunkt war enttäuschend, durchaus essbar, aber nicht im Entferntesten das, was ich mir vorstellte. Knusprigkeit, Porigkeit des Teiges, die Krume, alles war noch weit von dem entfernt, was ich mir unter einem gelungenen Ergebnis vorstellte. Einiges an Recherche und diverse Backexperimente haben da entscheidend weiter geholfen. Der Schlüssel zum Erfolg war schließlich die Erkenntnis, dass eine lange kalte Teigführung bei geringer Hefedosierung die Eiweiße und Zucker im Mehl genau so aufschließen, das sich das Backergebnis um Lichtjahre verbessert.
Das erfordert allerdings ein wenig Planung, da der Teig 24 Stunden im Voraus vorbereitet werden muß. Wir verarbeiten also in der Küchenmaschine 550 g Weizenmehl Mehl der Sorte 550, 6 g frische Hefe, 50 g grob geriebenen Parmesan, 15 g Olivenöl und 10 g Salz. Alle Zutaten zusammen für ein bis zwei Minuten trocken bei langsamer Geschwindigkeit verrühren, dann nach und nach das Wasser, 380 g, zufügen und 10 Minuten bei geringer Geschwindigkeit kneten. Es entsteht ein weicher, nicht mehr stark klebender Teig. Nach den ersten zehn Minuten noch weitere 5 Minuten schneller weiter kneten. Den Teig in eine Schüssel geben und 24 Stunden im Kühlschrank gehen lassen. An diesem Punkt spätestens werden viele der überkommenen Vorstellungen über den Haufen geworfen: man muß keinen Vorteig mit Zucker und Milch an einem warmen Ort gehen lassen, man muß keinen Zucker hinzufügen (die Hefen finden genug davon im Mehl: langkettige Zuckermoleküle, genannt Stärke!) Man darf die Hefe mit Salz, Öl, Käse zusammenbringen, ohne dass sie Ihre Aktivität einstellt. Nach einem Tag der kalten Gärzeit sieht dann das Ergebnis in etwa so aus, hat also sein Volumen ungefähr verdoppelt:

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Der Teig wird auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech gelegt und ohne weiteres Kneten etwa auf Backblechgröße ausgezogen, dabei entsteht eine etwa einen Zentimeter dicke Schicht. Diese nun für eine Stunde bei Raumteperatur beruhigen, und nochmals etwas gehen lassen.

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Während der Teig ruht, bereiten wir die Auflage vor: eine Zwiebel, eine kleine Zucchini, Knoblauch und Rosmarin. Die Zwiebeln in Streifen schneiden, die Zucchini grob raspeln, Knoblauch würfeln und vom Rosmarin die ganzen Nadeln – alles zusammen mit Olivenöl vermischen. Nach Ablauf der Stunde diese Mischung lose auf der Teigoberfläche verteilen und mit etwas fleur de Sel krönen. Ab in den Ofen. . . nein, noch nicht – denn der Ofen muß vorgeheizt sein und soll eine feuchte Backatmosphäre bereit stellen – der Bäcker spricht vom “Schwaden“. Da ich keinen professionellen Brotbackofen besitze, kommt schon zu Beginn der Aufheizzeit eine leere, flache Pfanne auf den Ofenboden. Diese wird sobald die Focaccia in den Ofen geschoben wird, mit kochendem Wasser, bodendeckend gefüllt. Es entsteht Dampf den wir für die vollendete Knusprigkeit definitiv brauchen.

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Sobald nun der Ofen die gewünschten 250C erreicht hat, dürfen wir mit dem Backen beginnen, entfernen aber die Schale mit dem Wasser nach 10 Minuten, nehmen die Temperatur auf 220C zurück, schalten dafür aber die Unterhitze ein. Nach etwa 20 Minuten sollte das Ergebnis so aussehen:

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Und so schmecken:

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Viel Spaß und guten Appetit.
PS: Viel von dem was andere Blogger im Netz veröffentlichen, war für diesen Beitrag hilfreich, allen voran der Plötzblog und das von ihm, Lutz Geißler, veröffentlichte Brot Back Buch. Außerdem ebenfalls hilfreich der brotdoc, ohne diese Quellen wäre ich nicht so schnell zu so guten Ergebnissen gekommen, danke!

Odenwälder Zwiebelkuchen

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Eigentlich sollte es ein Flammkuchen werden, kurzfristig haben wir uns dann aber doch für die andere Rheinseite entschieden – ein Beispiel spontaner Rezeptmutation in der Küche. Die Zutaten sind im Grunde genau dieselben wie beim Flammkuchen, allerdings werden die Zwiebeln und der Speck vorgebraten und noch in der Pfanne mit Crème fraîche vermischt.
Aber beginnen wir von vorne: Einen Hefeteig aus 500g Mehl (Typ 405) und einem Würfel frischer Hefe bereiten: zunächst einen Vorteig aus einem kleinen Teil Mehl, lauwarmen Wasser und dem zerbröselten Hefewürfel mischen, warm stellen und gehen lassen. Keinen Zucker, keinen Honig und auch sonst nichts Süsses zufügen, es ist ein Märchen die Hefe bräuchte das, um aktiviert zu werden, die Stärke im Mehl ist dafür völlig ausreichend.
Während der Vorteig langsam größer wird bereiten wir die Zutaten für den Belag vor: den Speck in Streifen schneiden und in der Pfanne mit etwas Olivenöl anbraten, währenddessen die Zwiebeln ebenfalls in Streifen schneiden und dem Speck zufügen, unter Rühren weiterbraten, nicht braun, sondern glasig und trocken werden lassen. Frischen Thymian vom Balkon holen, die Blätter abzupfen und ab in die Pfanne.
Das Mehl für den Teig mit einem halben Teelöffel Salz vermischen und in der Küchenmaschine den Vorteig mit der Mehl-Salzmischung verkneten, langsam lauwarmes Wasser zugeben bis die richtige Teigkonsistenz erreicht ist, der Teig sollte nicht mehr kleben. Ich habe dafür keine Mengenangabe, es funktioniert aber ohne Probleme auch so. Den Teig einige Minuten weiter kneten und danach warm stellen und nochmals gehen lassen.
In der Pfanne ist der Belag nun etwas abgekühlt, wir geben 200g Crème fraîche dazu und würzen reichlich mit schwarzem Pfeffer aus der Mühle und etwas Salz, je nachdem wieviel Salz der Speck schon mitgebracht hat. Hier noch ein Wort zum Speck: in Zeiten industrieller Viehzucht und Nahrungsmittelproduktion wird wird Speck meist nicht mit Sorgfalt produziert. Flüssigrauch aus der Flasche statt Räucherkammer, künstlich beschleunigte Reifung statt geduldigem Trocknen ist an der Tagesordnung. Handwerklich hergestellte Produkte sind seltener zu bekommen, die Freude dann aber umso größer. Unter anderen Vorzeichen gilt das auch für die Crème fraîche, häufig sind konsistenzbeeinflussende Zusätze enthalten (beispielsweise Carrageen, einem Kolehydrat das aus einer Algenart gewonnen wird), traditionell hergestellte Crème fraîche besteht aus, von Milchsäurebakterien gesäuerter, Sahne – und sonst nichts. Man erkennt sie an dem wesentlich feineren Geschmack, der dickflüssigen Konsistenz und einer zart gelblichen Farbe.
Mittlerweile können wir den Teig ausrollen, unsere Portion reicht für ein Backblech. Den Teig mit der Zwiebel-Speck-Sahne Mischung belegen, das Ganze ist recht flüssig, lässt sich also gut verteilen. Im Backofen bei etwa 200°C ca 15 Minuten bei Umluft backen. Backzeiten und Temperaturen sind immer nur Näherungswerte, der Teig sollte knusprig hellbraun an den Rändern sein, der Zwiebelbelag leicht gebräunt.
Für´s vollkommene Glück fehlt dann nur noch der Sommerabend, liebe Gesellschaft und ein gut gekühlter Rosé: guten Appetit!
PS.: Es handelt sich natürlich nicht um ein traditionelles odenwälder Rezept, sondern um ein kulinarisches Vergnügen das einfach im Odenwald stattgefunden hat.