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KaffeeGelee aus Steckborn

Aus meiner kleinen, losen Serie mit Geschichten aus der weiten Welt des Kaffees: vor einigen Tagen durfte ich mal wieder an einem Cuptasting – einer Kaffeeverkostung – in Mannheim teilnehmen; 23 aktuelle Kaffees aus Brasilien, Indien und Mexico: alles Einzellagen, alles Spezialitäten der Extraklasse, aber dennoch nicht mein heutiges Thema! Dort traf ich Pascal Meier und einige seiner faszinierenden neuen Produkte.
Heute geht es um Gelee, genauer: KaffeeGelee – wie es dazu kam und was daraus werden könnte. Großartiger Kaffee ist zum Trinken da. Wer aber will, darf den Kaffee auch zum Träumen nutzen und damit Dinge tun, die noch kein anderer vorher gemacht hat: here is to the crazy ones!
Pascal Meier aus Steckborn in der Schweiz, am Ufer des Bodensees unweit der Grenze zu Deutschland hat aus drei der sagenhaften Kaffees der Amarella Trading authentische Gelees gekocht. Nichts lag näher. Drei Kaffeevarietäten, drei daraus resultierende Geschmacksrichtungen:
Badra Estate/Indien Varietät S/795 ein Arabica aus der Einzellage Kereicoondah auf der Plantage Balehonnur. Ein kräftiges dabei sehr fein balanciertes Aroma, etwas typische Säure und intensiver sehr sauberer Kaffeeduft. Meine Wahl für den Frühstückstisch auf Weißbrot mit – nicht zuwenig – Butter darunter!

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Am Abend: als Vorspeise zum festlichen Menü gibt’s etwas frische Gänseleber, lauwarm aus der Pfanne. Jetzt kommt das Canephora-Gelee zum Einsatz. Ebenfalls von Badra Estate, diesmal eine Selection 274/Old Paradenia, eine Rarität, die mit ihren kräftigen Aromen gegen Gänseleber, Thymian, fleur de Sel und schwarzen Pfeffer bestehen kann.

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Und zum guten Schluß: der Käse mit Liberica-Gelee. Auf der Einzellage Ponya von der Plantage Palthope Estate gedeihen einige der wenigen Libericapflanzen, die tatsächlich bewirtschaftet werden. Von dieser Rarität werden jedes Jahr nur wenige Säcke sortenrein geerntet, aufbereitet und nach Deutschland verschifft. Wenn ich am Anfang über das Arabica-Gelee geschrieben habe, es hätte einen balancierten, sauberen Duft, kann man über Liberica fast in jedem Punkt das Gegenteil behaupten: wild und grob, eher ungehobelt als fein, gerade dadurch aber auch so faszinierend und überraschend. In der Kombination mit dem Rohmilchstilton aus dem Sherwood forest geradezu umwerfend, ergänzt mit einem Tropfen Zitronensaft und einer winzigen Zitronenzeste um einen kleinen Mangel an Säure auszugleichen.

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Ob Pascal Meier uns den Gefallen tun wird, diese KaffeeGelees in Produktion zu nehmen, kann ich heute nicht sagen, verkostet haben wir sozusagen Prototypen – also keine Gelees aus laufender Produktion. Anfragen über Lieferbarkeit und Konditionen bitte direkt an:
Pascal Meier
Die Bäckerei Meier
Seestraße 125
CH-8266 Steckborn

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Guten Appetit.

 

Kaffee – Schmecken – Lernen

Kaffee ist so alltäglich, so selbstverständlich, dass wir uns über die Frage, wie wir ihn zubereiten und wie er uns schmeckt, normalerweise keine Gedanken machen. Mit meinen Freunden vom CoffeeConsulate haben wir ein schönes Experiment zu Geschmack und Zubereitung von Kaffee vorbereitet. Leicht Zuhause nachzuvollziehen und spannend zu erleben wie sich die Zubereitung auf den Geschmack von Kaffee auswirkt.
Innerhalb einer Matrix von vier mal drei Tassen werden Einflussfaktoren wie Dosierung, Temperatur und Mahlgrad untersucht, der vierte Parameter: Wasser soll uns für unser Experiment am eigenen Herd nicht interessieren. Die unterschiedlichen Wasserqualitäten haben wir nicht zur Hand.

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Für den Versuch benötigen wir den Kaffee (in frisch gerösteten Bohnen), den wir im Alltag normalerweise trinken. Eine Kaffeemühle mit einstellbarem Mahlwerk, eine Feinwaage, ein Wassertherometer, neun Tassen, Essöffel oder Cupping-Spoons zum Verkosten.
Für die ersten beiden Reihen wiegen wir je 8g pro Tasse ab. Für die dritte Reihe 6g, 8g und 10g. Nun werden die einzelnen Kaffeeportionen gemahlen: für die erste Reihe jeweils in der gewohnten Einstellung. Für die zweite Reihe in die erste Tasse gröber als gewohnt. Für die mittlere Tasse normal und für die dritte Tasse feiner. Die dritte Reihe wiederum in der normalen Einstellung mahlen.

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Zum Aufgiessen benötigen wir Wasser mit einer Temperatur von etwa 90°C. In der ersten Reihe für die erste Tasse allerdings Wasser mit nur 75°C, für die dritte Tasse kochendes Wasser. Das klingt jetzt alles furchtbar kompliziert: zeichnen wir uns unsere Matrix einmal auf: drei mal drei Tassen, in der ersten Reihe variieren wir die Temperatur, in der zweiten den Mahlgrad und in der dritten die Menge des Kaffees. Für die Verkostung nehmen wir für jeden Teilnehmer ein Blatt Papier mit der vorbereiteten Matrix und können so unsere Eindrücke leicht der jeweiligen Tasse zuordnen.

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Die Tassen werden randvoll gegossen und dürfen kurz ruhen. Das Kaffeepulver quillt jetzt auf und wird an der Oberfläche eine dichte Schicht bilden, den sogenannten „Crust“.

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Dieser wird mit einem Löffel untergerührt, die Reste des Schaumes und die verbleibenden Kaffeekrümel werden mit zwei Löffeln abgehoben.

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Die eigentliche Verkostung beginnt jetzt. Mit dem Löffel wird jeweils eine kleine Portion von der jeweiligen Tasse aufgenommen, zwischen den Zähnen einsaugen, um den Kaffee mit Luft zu vermischen – das macht ein überraschend pfeifend, saugendes Geräusch, bringt aber den eigentlichen Geschmack deutlicher hervor.
Von der mittleren – jeweils identisch zubereiteten – Tasse ausgehend, schmecken wir die Unterschiede jeweils nach rechts und links. Was verändert sich, welche Unterschiede sind wahrnehmbar? Können wir die Eindrücke von Bitterkeit, Säure, Süsse jeweils benennen und einer Unterschiedlichkeit zuordnen. Ob es uns „gut“ oder „schlecht“ schmeckt, sollte zu diesem Zeitpunkt keine Rolle spielen – nur der möglichst objektive Eindruck ist wichtig. Die Geschmackserlebnisse auf der Matrix eintragen und während die Tassen abkühlen, den Vorgang mehrfach wiederholen. Durch die sich verändernde Temperatur ergibt sich ein überraschend anderer Geschmackseindruck!
Viel Spaß beim Ausprobieren!

Die Kaffeerevolution

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Fast im Verborgenen findet im Moment eine Revolution der Kaffeekultur statt. Was wir beim Wein seit Jahren kennen und schätzen gelernt haben, kommt in kleinen Schritten nun auch in der Welt des Kaffees auf uns zu. Individueller, faszinierender Geschmack durch Ernte, Verarbeitung, Handel und Röstung von Kaffees einiger Parzellen engagierter Kaffeebauern von den besten Lagen der Welt.
Als Qualitätsbezeichnung würden wir uns schon sehr lange nicht  mehr zufrieden geben mit der Aussage: Wein aus Trauben, Europa, 2010 bis 2013. Wir erwarten – vollkommen zu Recht – Informationen auf dem Weinetikett über die Traubensorte, den Winzer, das Herkunftsland, das Erntejahr und möglichst auch präzise Details wie Einzellage, Ausbau, Fasslagerung und eine kontrollierte Herkunftsbezeichnung. Nichts von diesen Angaben ist im Kaffeehandel selbstverständlich. Die großen Industrieröstereien haben uns systematisch mit Markennamen blind, taub, und unwissend gemacht. Kaffee wird als vollkommen anonymes Produkt nach industriellen Qualitätskriterien gehandelt, die kaum sinnvolle Rückschlüsse auf die tatsächliche Herkunft und die geschmacklichen Eigenschaften zulässt.
In der vergangenen Woche hatte ich die Chance an einer Kaffeeverkostung der Sonderklasse teilzunehmen. Im CoffeeConsulate in Mannheim wurden in 40 einzelnen Proben die Kaffees der beiden indischen Plantagen Badra- und Palthop Estate verkostet.

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Wenn man von der Tatsache absieht das eine solche Anzahl von Kaffees zu verkosten – so herausragend sie auch sein mögen – an den Tatbestand der Körperverletzung grenzt (zugegeben: selbst zugefügt) bleibt der überwältigende Eindruck, nie zuvor erlebter Geschmackssensationen. Raritäten die von nahezu ausgestorbenen Restbeständen geerntet wurden, Kleinstmengen von Varietäten, die keinerlei kommerzielle Bedeutung in der Welt des Industriekaffees haben, Parzellenkaffees, die mit der größten Sorgfalt gepflegt, geerntet und verarbeitet wurden, präsentieren sich in der Tasse so individuell und geschmacklich kontrovers wie man es sich extremer kaum vorstellen kann.

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Als Kaffeeliebhaber kommen auf uns – wenn wir bereit sind uns auf das Abenteuer einzulassen – traumhafte Zeiten zu. Wir haben als Konsumenten ein Recht darauf zu erfahren, was wir trinken; wer es wann, wo und unter welchen Bedingungen erzeugt hat. Wir dürfen den Röster unseres Vertrauens fragen und je genauer er uns Rechenschaft über sein Produkt ablegen kann, desto gespannter dürfen wir auf den Geschmack in der Tasse sein.

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Cappuccino des Tages

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Ohne einen guten Cappuccino ist ein vernünftiger Start in den Tag möglich aber nicht sinnvoll.*
Heute am Start: als Grundlage ein doppelter Espresso (Ristretto) Dutra 11, eine Cuveé aus den drei Einzellagen „Grota da Pedra“, „Embauba“ und „Torre Alta“ von der Plantage der Familie Dutra in Brasilien.
Kaum ein Espresso ist geschmacklich so herausragend, vollkommen harmonisch und ebensogut für die Zubereitung eines großartigen Cappuccino wie für den – später am Tag immer wieder lebensnotwendigen – Espresso geeignet.
Mein momentaner Favorit bei der Milch ist die Schwarzwälder Weidemilch mit 3,8% Fettanteil. Sie lässt sich sehr schön aufschäumen und ergibt bei korrekter Zubereitung ein traumhaftes, süchtig machendes Cappuccinoergebnis!
* in manchen Fällen mag das auch mit Tee funktionieren, darauf komme ich zurück. . .