Pelmeni, wieso jetzt ausgerechnet Pelmeni, russische Küche – als ob es nichts Näherliegendes gäbe? Die mit Fleisch gefüllte Teigtasche, Herrgottsbescheißerle wie der Schwabe seine geliebten Maultaschen in der Fastenzeit gerne nennt – als ob der liebe Gott nicht durch die Teighülle die innen liegende, fastenbrechende Fleischfüllung sehen, oder wenigstens ahnen würde. Erfahrungsgemäß sind die himmlischen Sanktionen für diese Sünde allerdings sehr milde oder einfach nicht existent.
Die italienischen Varianten, die ein Teil der weltweiten Kultur der italienischen Küche geworden sind, Ravioli, Sacchottini – oder die dem Nabel der Venus nachempfundenen Tortellini, sind also nicht nur kulinarisch- sondern auch noch erotisch konnotiert.
Das kann man über die Pelmeni nicht sagen, diese sind in unserer Küche entweder unbekannt oder es gibt sie nur in Familien mit russischem Einfluss oder wenigstens mit Freunden, die Pelmeni in ihrer russischen Heimat kennen und lieben gelernt haben. Die Küchen jenseits des ehemaligen eisernen Vorhangs sind jedenfalls mit den lokalen Teigtaschen so vertraut wie wir mit den entsprechenden Derivaten der mediterranen Küche.
Ob ukrainische Wareniki, russische Pelmeni, usbekische Samsa, oder polnische Piroggen alle kennen das Prinzip der gefüllten Teigtasche. Mal im Hefeteig, mal gebraten oder gebacken, mal gekocht, mal mit Quark oder Kartoffeln gefüllt oder mit Fleisch vom Schwein über Geflügel bis zu Rind und Lamm, als Vorspeise, als Hauptgericht oder in einer süssen Variante als Nachtisch.
Aus der Vielfalt der möglichen Zubereitungen können wir uns also aussuchen, was uns gefällt, eigentlich können wir auch immer eine entsprechende Geschichte dazu erzählen – und wohl immer wird sie einen Funken Wahrheit enthalten.
Meine erste Begegnung mit der russischen Küche hatte ich bei der russischen Frau meines Siebdrucklehrers – dort habe ich an einem Abend neben großartigem Essen die Trinkkultur der Russen kennengelernt: stilvoll Vodka immer eisgekühlt in ebensolch frostige Gläser eingeschenkt: das trinkt sich wie Wasser bis der böse Moment des Aufstehens vom Tisch kommt – nicht zum Nachahmen empfohlen.
Die zweite Begegnung war das Kochbuch von Markus Wolf – dem ehemaligen Geheimdienstchef der DDR: man mag von ihm halten, was man will, aber die Russische Küche kann er aus eigener Erfahrung schildern, was nicht nur lehrreich sonder auch sehr unterhaltsam ist.
Für heute also Pelmeni nach meinem eigenen Gusto: gefüllt mit einer Mischung aus Lamm und Schweinefleisch.
Wir bereiten einen Teig aus
• 330g Mehl (550er)
• 1 Ei
• 100ml Wasser
• etwas Salz
zu.
Mehl und Ei vermischen und dann nach und nach das Wasser zufügen bis wir einen festen aber elastischen Teig haben. Das ganze findet bei mir in der Küchenmaschine statt, geht aber auch von Hand. Die Konsistenz ist komplett anders als der gewohnte Teig aus Hartweizengrieß, viel weicher und sehr elastisch. Aber auch diesen Teig lassen wir wenigstens eine Stunde ruhen bevor wir ihn weiter verarbeiten.
In der Ruhezeit wird die Füllung zusammengestellt:
• 350g Lammfleisch (Schulter oder Keule)
• 150g Schwein (Hals/Schulter)
• eine Zwiebel, fein gewürfelt
• Zwei Knoblauchzehen, gewürfelt
Aus
• Pfeffer
• Wacholder
• Piment
• Salz
Eine Würzmischung zubereiten, ich nehme die Gewürze, etwa vier Wacholderbeeren, vier Pimentkörner und einen knappen Teelöffel schwarzen Pfeffer und verreibe alles zusammen gemeinsam mit dem groben Meersalz (1Tl.) im Mörser.
Das Fleisch von Sehnen und zu großen Fettstücken befreien und in Würfel schneiden, alles gemeinsam, mit Gewürzen, Zwiebeln und Knoblauch durch die feine Scheibe des Fleischwolfes drehen. Wer keinen Fleischwolf hat kann ein vergleichbares Ergebnis erzielen, indem er das Fleisch beim Metzger entsprechend vorbestellt und zu hause die Zwiebel und den Knoblauch besonders fein hackt und alles innig mit den Gewürzen vermengt.
Nachdem die Masse zweimal durchgedreht wurde, mit einem Esslöffel scharfen (Dijon-) Senf verkneten.
Den Teig portionsweise dünn ausrollen. Ich finde auch bei Pelmeni soll die Teilhülle nur die Verkleidung für die Füllung sein und weder in Geschmack noch in Menge zu dominant daherkommen.
Mit einem Glas oder einem Setzring runde Teigkreise ausstechen, Füllung aufsetzen und zu Halbmonden formen, den Rand schließen. Wenn der Teig weich genug ist braucht man keine zusätzliche Feuchtigkeit zum Schließen, das mag bei einem sehr trockenen Teig anders sein.
Behutsam zu Halbmonden formen.
Und gründlich in Mehl wälzen – sie sollen ja nicht zusammen kleben.
Unseren Übervorrat ungekocht in der Tiefkühltruhe einfrieren – in Sibirien wurden die Pelmeni einer Sage zufolge im Winter einfach ins Freie gehängt, gefroren und waren für die Witterung der hungrigen Wildtiere, durch die Teighülle geschützt.
Alle anderen werden sogleich gekocht: wie gewohnt für Nudeln in einem ausreichend großen Topf in reichlich gesalzenem Wasser. Fünf Minuten sollten für diese Version ausreichen.
Auf jeden Fall vor dem Servieren in der Küche eines probieren!
Nach Lust und Laune mit saurer Sahne (original!), Schmand (lecker und auch original) oder Crème fraîche (nicht so original aber sehr lecker) servieren und mit gehackter Petersilie bestreuen.
Guten Appetit!